Unsere neuen Freunde fuer den heutigen Tag: Danielle, Ezekiel, Matias, Lucretia, Raul und Raquel.
Gegen 8 Uhr morgens weckt mich die aufgehende Sonne im Bus nach Tucuman. Gegen 11 Uhr sollten wir dort ankommen. Ich riskiere einen fluechtigen Blick aus dem Fenster und sehe zum ersten Mal die Pampa. Mir wird im weiteren Verlauf der Fahrt bewusst, warum es gerade dieser Begriff bis in unsere Breitengrade gerettet hat: Links wie rechts, vorne wie hinten sieht man die selbe flache, trostlose, duenn besiedelte Ebene. Fuer Stunden aendert sich nicht das geringste. Wuerde man zufaellig auf unserer Route eine Stelle aussuchen wuerde man diese nicht unterscheiden koennen. Hier und da ein paar kleine Siedlungen und das war es. 50 Millionen Menschen wohnen in diesem riesigen Land, 20 Millionen alleine im Grossraum Buenos Aires, aber das es so duenn besiedelt ist hatte ich mir dann doch nicht vorstellen koennen.
Auf den Monitoren laeft gerade „Roumor has it“, abgefilm von einer Kinoleinwand. Der Film ist klasse. Solle man sich mal ausleihen.
Als wir Buenos Aires verliessen konnten wir einen kurzen Blick auf die direkt dahinter liegenden Slums von La Boca erhaschen. Ein merkwuerdiges Gefuehl. Im Hostel hatte man uns davor gewarnt dort hin zu gehen. Es gibt dort bunt bemalte Behausungen, die man hin und wieder mal auf Postkarten findet. Sehr bekannte Fotomotive aus Buenos Aires.
Puenktlich wie die Maurer trudelt unser Bus am 60. Stellplatz in Tucuman ein. Als wir den Bus verlassen trifft uns fast der Schlag. So eine Hitze habe ich noch nicht erlebt. 360º Sauna am ganzen Koerper. Michi gefaellt das natuerlich sehr. Ich sehe schon meine Haut in Streifen von meinem Gesicht abfallen. Sunblocker sei gesegnet. Spaeter werde ich mich ausgiebig praeparieren.
Nungut, wir sind vor Ort und warten auf Matias. Michael und er haben sich schon seit gut 6 Jahren nicht mehr gesehen, aber als wir einen sehr nach Bastian Pastewka aussehenden Mann erspaehen, wussten wir das wir unser Ziel erreicht haben. Matias ist seiner Meinung nach noch etwas dicker geworden. Aber seine Deutschkenntnisse sind ueber jeden Zweifel erhaben. Was fuer ein Segen, ab sofort ist er unser Babelfish.
Ohne Umschweife geht es zu seiner Studentenbude. Frisch bezogen vor 2 Wochen. Dort angekommen treffen wir Ezekiel. Psychologie Student der jetzt Hauptberuflich als Fotograf fuer eine lokale Tageszeitung arbeitet. Er ist der beste Freund von Matias und ein Pfundskerl. Im Gegensatz zu vielen anderen Argentiniern spricht er sehr gut Englisch und so kommen wir zuegig ins Gespraech.
Da unsere Koerperhygiene fuer das auf 2 Uhr angesetzte Treffen mit dem Rest der Familien Torres Vega noch etwas zu wuenschen uebrig laesst wird das noch fix korrigiert. Dabei faellt mit auf das ich sowohl den Sunblocker, als auch meine Sonnenbrille im Hostel in Buenos Aires vergessen habe. Macht nix, dann fahr ich das morgen fix holen. Kein Problem.
Die Familie von Matias ist sehr beeindruckend. Raquel, seine Mutter arbeitet als Richterin. Raoul, sein Vater ist Professor fuer Architektur und seine Schwester Lucretia ist Archeologiestudentin. Ausserdem besitzen sie ein respektabeles Anwesen im Herzen von Tucuman. Inklusive eigener Haushaelterin. Wir sind ja Backpacker, leben am Limit, billigste Absteigen. Jaja, reisen im Nobelbus und dann in so einer Prachtbude. Bei uns haette die Einrichtung Museumscharakter: „Dies ist das Geburtshaus von soundso, bitte beruehren sie nichts und setzten sie sich auch bitte nirgendswo hin!“
Matias macht fuer uns freundlicherweise den Simultanuebersetzer und versuchen ein paar neue Vokabeln zu lernen. Zitronitta ist mein Volltreffer und sorgt fuer einige befreiende Lacher. Lucretia zeigt uns noch Fotos von einigen ihrer letzten Ausgrabungen und laed uns ein, auf eine kleine Exkursion auf ihr Unigelaende.
Die Szenerie wird zusehenst unwirklicher als wir auf einem Silbertablett Kaffee gereicht bekommen. Ich fuehle mich in solchen Situationen immer etwas merkwuerdig.
Da Matias seiner Freundin fuer die morgige Einstellungspruefung noch etwas Englischnachhilfe geben muss, verabreden wir uns fuer ein Abendessen gegen 22 Uhr und schlagen uns bis dahin das erste Mal durch die Stadt.
Wir haben uns gerade in einem kleinen Park vor dem Praesidentschaftspalast zum verschnaufen hingesetzt, als ploetzlich von allen Seiten Leute mit Transparenten und Flaggen herbeieilen, um sich vor dem Gebaeude fuer eine Demonstration zu postieren. Zuerst machte ich ein paar Fotos aus sicherer Entfernung, beschloss dann aber mich etwas unter die Leute zu mischen und die Sache etwas genauer unter die Lupe zu nehmen.
Ich konnte mir relativ schnell zusammenreimen um was es ging, die ernste und traenenreiche Stimmung konnte einen nicht unberuehrt lassen. Trotz der Sprachbarrieren. Ich gehe davon aus, dass abwechselnd Muetter das Mikro ergriffen um fuer ihre verschleppten Maenner und Kinder zu demonstrieren, da bis heute die Regierung zu diesen Vorfaellen schweigt. Ich machte nur ein paar Fotos, der Respekt und die Unsicherheit war zu gross. Aber ich bin sehr von der Courage dieser Muetter beeindruckt. Besonders traurig ist eigentlich, das diese Demonstrationen hier niemanden wirklich interessieren, da sie regelmaessig stattfinden. Immer am selben Tag, jede Woche und das seit Jahren. Es ist fast schon zu einem Touristenmagneten verkommen. Leute starren ungeruehrt, mit einem Eis bewaffnet oder machen Faxen. Das rings herum Muetter um ihre verschollenen Angehoerigen weinen ist scheinbar Nebensache. Merkwuerdig.
Als wir in die Wohnung zurueck kommen laesst Matias noch auf sich warten. Er hat uns ja gewarnt, das Argentinier etwas unpuenktlich sein koennen. Am Ende warten wir 1 1/2 Stunden. Kein Problem, wenn jemand Zeit hat dann ich und Michael. Waehrend wir warten lernen wir die Hausvermieterin von Matias kennen. Sie ist eigentlich Biochemikerin, die 20 Jahre in den Staaten gearbeitet hat. Eine sehr nette, hilfbereitse Frau. Sie bietet uns fuer den morgigen Tag eine Stadtfuehrung an und zeigt uns auf unserem Stadtplan die do and donts. Ein Foto von mir lehnt sie allerdings dankend ab. Ich muesste wissen, ihr Haar. Manjana.
Das Abendessen war wundervoll. Michi und Matias haben sich ordentlich verpannst. Gezahlt haben natuerlich wir. Wir freuen uns schon auf Morgen. Jetzt wird aber geschlafen. 2:10. Siesta, ich komme!