Ah, ein neuer Tag, ein neues Glueck. Die defekte Klospuelung und die vorsinnflutliche Dusche klammere ich ersteinmal grosszuegig aus. Dank der doppelten Dosis an Fusspuder von Matias brauche ich mir heute auch keine Sorgen wegen Fusspilz zu machen. Bei dieser Dusche? Im Leben nicht.
Heute steht das 160 km lange Teilstueck von Cachi nach Salta auf unserem Tourplan. Im Gegensatz zu den 150 km uebelster Schotterpiste im Calchaquital sind es heute nur 60 radmutterfreundliche Schotterkilometer quer durch das Lermatal.
Am Abend zuvor hatte ich Matias noch hoch und heilig versprochen in der oertlichen Bibliothek einen uralten Atlas von Tucuman ausfindig zu machen. Die dort abgedruckten Karten sind von 1890 und enthalten zudem ein paar wirklich seltene Perlen seiner Heimatstadt. Er muss davon unbedingt ein paar Fotos haben. Egal wie schlecht das Licht in der Bibliothek auch sein mag.
Die Bibliothek ist winzig, nur ein kleiner Raum, vollgestopft mit Antiquariat. Das Archiv der ruestigen Bibliothekarin ist allerdings noch aelter und so gehen die ein oder anderen Minuten ins Land. Matias zappelt vor Aufregung wie ein Welpe, der seit 3 Tagen nicht mehr vor die Tuer gelassen wurde. Nach einer Ewigkeit haelt er endlich das Allerheiligste in eigenen Haenden. Ich versuche mein bestes und versichere ihm das spaeter auch alles lesbar sein wird. Photoshop… mein alter Freund, wir werden spaeter noch viel Spass haben.
Da Katja noch vergeblich auf ein akustisches Lebenszeichen von mir wartet machen wir uns auf die Suche nach einem Internetcafe. Hier auch Cybercafe genannt. Na, ich bin schon ein wenig aufgeregt wieder ihre Stimme zu hoeren, ich fuehle mich fast wie bei unserem ersten Date und ich muss gestehen, dass ich nach dem Telefonat butterweiche Knie hatte. Nach 8 Jahren immernoch so verkniesdaddelt wie ein Eifelyeti nur sein kann. Kinder, Kinder, Kinder, seit wann hab ich denn so nah am Wasser gebaut? Wir sind doch erst eine Woche fort. Die heutige Tankfuellung geht auf jeden Fall auf mich! Vamos!
Erster Zwischenstopp ist eine ehemalige Landebahn, genau in Augenreichweite zum oertlichen Indianerfriedhof. Michis entzuendete Lippe macht weiterhin Probleme, wenn es weiterhin so bleibt muessen wir in der naechsten Stadt auf jeden Fall einer Apotheke einen kleinen Besuch abhalten.
Wir kaempfen uns vor in Richtung „Cuesta des obispo“. Ein 3350 Meter hoch gelegenes Plateau, welches spaeter wieder sehr, sehr kurvenreich, ueber Serpentinen des Grauens, zu verlassen ist. In weniger als 20 Kilometern ist man wieder auf 1600 Hoehenmetern angekommen. Steil ist gar kein Ausdruck. Expressfahrstuhl passt da schon eher. Auf dem hoechsten Punkt des Plateaus verfolgt Michi sein erstes Lama. Zu fuss. Fotomotive wollen halt hart erarbeitet werden. Mit brennenden Lungen kommt er nach diesem kleinen Verfolgungsversuch wieder zum Auto zurueck. Wir merken zum ersten Mal, dass wir die Hoehe unangepasst auf keinem Fall unterschaetzen sollten. Matias ermahnt uns ausserdem spaeter in Chile solche Landeinsprints besser sein zu lassen, da in dem Grenzgebiet zwischen Chile und Argentinien immernoch jede Menge Minen verbuddelt sind. Also Augenauf beim Eierkauf!
Im Tal angekommen machen wir ersteinmal eine ausgiebige Brotzeit mit Matetee. Lucas, ein 5 jaehriger Dorfjunge ist so von unserem Gaskocher fasziniert, dass er die naechste Stunde nicht mehr von unserer Seite weicht. Zwei Hunde, eine Katze und ein Lamm allerdings auch nicht.
Auf dem letzten Stueck nehmen wir noch einen Schuljungen mit, der ins 30 Kilometer entfernte Nachbardorf trampen muss. Er muss dort bei einem wichtigen Fussballspiel als Verstaerkung einspringen. Der einzige Bus in dieser Gegend faehrt allerdings nur einmal am Tag und dies morgens um 11 Uhr. Den hat er wohl verpasst. Seinen Bruder koennen wir leider nicht mitnehmen, da die Rueckbank mit dem Treckingrucksack vom Matias und halt Michi belegt ist. Der Junge meinte, kein Problem, sein Bruder kommt nach. Irgendwann.
In Salta angekommen beziehen wir schnellstens unsere Casa und lassen den Tag mit einem kleinen Bierchen im Lokalviertel „La Balcatre“ gemuetlich ausklingen. Matias erzaehlt uns auf der Plaza noch die ein oder andere Anekdote ueber die Eigenheiten der Saltinios, die bei unseren Gehirnsynapsen die Querverbindung zu Luxembourg reifen lassen. Es ist alles etwas teurer hier, die Leute haben alle etwas groessere Wagen und alle schleichen etwas schicksalsschwangerer ueber die Plaza.
Als Nachtisch gibt es diesmal die Spezialitaet Alfajor. Das ist eine Art Teilchen mit „Dulce de Leche“ Fuellung. Erinnert im Geschmack ein wenig an Lebkuchen, bis auf die Zusaetzliche Karamellfuellung. Lecker!
Als wir spaeter mit unserem Auto zurueck zu unserer Bude fahren wollen, werden wir von einem in meinen Augen relativ offiziell aussehenden Parkwaechter angehalten. Matias winkt ihn nur muede laechelnd beiseite und faehrt einfach an ihm vorbei. Er meint, dies seien irgendwelche Anwohner die sich Phantasieuniformen umgeworfen haben um ein wenig bei den unwissenden Touristen zu kassieren. Alle Parkplaetze sind hier frei.
Die letzte Station fuer heute Abend ist das Denkmal von Guemes, einem Lokalhelden, der fleissig gegen die Spanier gekaempft hatte. Eigentlich hatte er nur das Geld. Gekaempft haben andere fuer ihn. Das Denkmal ist abends sehr schick beleuchtet, wie auch die meisten anderen Gebaeude hier in Salta und ein beliebter Treffpunkt fuer das junge Volk.
Oh ha, 01 Uhr. Der Wecker klingelt morgen schon um 05:45. Wir muessen spaetestens um 7 Uhr am Busbahnhof sein. Chile wir kommen!