Na also. Geht doch. Bei Tageslicht macht die Gegend hier gleich einen viel freundlicheren Eindruck. Michi will trotzdem nicht laenger als noetig hier verweilen. Vielleicht lag es auch am Fruehstueck. Hier gibt es naemlich keine Broetchen, sondern eher so etwas wie aufgeplusterte Oriokekse. Der Kaffee ist so stark das ich wieder schleunigst auf der Toilette verschwinde.
Vor dem Fenster, aus dem ich hier in der Lobby lunze, fahren Autos vorbei, fuer die man bei uns in Deutschland ein Vermoegen hinblaettern wuerde. Teilweise noch richtige Liebhaberstueckchen. Manche tadellos erhalten, meistens besteht die Karrosserie jedoch nur noch aus Rost und Spachtelmasse, was dem Charm dieser rollenden Geschichtsbuecher aber keinen Abbruch tut. Gerade faehrt Catweasle auf seinem Fahrrad an mir vorbei. Sein Ruecken ist so krum, als ob er schon seit seiner fruehstens Kindheit mit dem mittlerweile viel zu kleinen Drahtesel verwachsen sei. Ich frage mich wie er wohl aussieht, wenn er gehen muss.
Endlich, Matias huscht unter dem Fenster des Hostels hindurch. Ich hoffe das die zwei Immodium Akut meinen Magendarmtrakt wieder etwas beruhigen koennen. Im Bus gab es gestern Abend dicke Bohnen, Reis und Ei. Michi hat schlauerweise auf alles verzichtet. Ich haette den Reis besser auch uebersprungen. Ich halte es gerade mal fuer 4 Minuten an der Tastertur aus und schon kann ich wieder flitzen. Seit einer Stunde hab ich aber wieder Ruhe im Kontor und bin der Fahrt gegenueber sehr zuversichtlich. Ob die Amerikanerin den heutigen Tage wohl auch nur auf der Toilette verbaucht hat? Immerhin hat sie die ganze kalte Platte in weniger als 4 Minuten verputzt.
Matias hat als Mietwagen einen flammneuen Renault besorgt, mit aussreichend Platz fuer uns fuenf. Ich sitze mit Daniela und Carmen in bester Gesellschaft auf den hinterern Raengen. Das ausgiebige Mittagsessen in Yala (es heisst wirklich so) habe ich sicherheitshalber ausfallen lassen. Trockene Broetchen, Wasser und Cola sind jetzt meine besten Freunde. Matias erklaert uns sehr aussfuehrlich seine Sicht des Falklandkrieges, ich lausche andaechtig und stelle mit erstaunen fest, das die Inseln, genau wie Gibraltar immernoch zu England gehoeren (was die Argentinier nicht daran hindert, Falkland in ihren eigenen Karten als argentinisch zu deklarierern).
Wir fahren jetzt weiter Richtung Tilcara, einem kleinen, verschlafenen Bergdorf im hohen Norden von Argentinien. Dort haben wir vor zwei Naechte zu verbringen um von dort aus unsere Tagesausfluege zu starten. Oh, im Radio laeuft „Live is Live“ von Opus, gefolgt von Sandras „Maria Magdalena“. Okay, „Smalltownboy“ von Bronski Beat kommt schon etwas besser.
In Tilcara angekommen uebernehmen die Maedels die Zimmersuche. Nach einer akribischen Lageueberpruefung haben die beiden uns ein wirklich feines Domiziel aufgetrieben. Unser fahrbarer Untersatz ist allerdings so Saft und Kraftlos, dass wir teilweise die recht steilen Dorfstrassen nicht erklimmen koennen. Ich biete Matias an auszusteigen und zu schieben, aber sein argentinischer Stolz lasst das natuerlich nicht zu. Die Kupplung muss ordentlich leiden.
In der Bude angekommen halten Matias und die Maedels eine ausgiebige Siesta. Wir Jungs haben ein Stockwerk fuer uns alleine und die mit abstand niedrigsten Betten der Welt. Matias faengt direkt an zu schnarchen, natuerlich machen wir ohne umschweife von unserem Schlagrecht gebrauch. Michis Laune hat sich uebrigens wieder gebessert. Jujuy war dem Anschein nach etwas zu stressig fuer ihn. Wenn Bankok allerdingsnoch schlimmer ist als Jujuy, weiss ich auf jeden Fall wo ich naechstes Jahr nicht mehr als 2 Naechte verbringen muss.
Spaeter lassen wir den Abend zusammen mit Leon, Wiener, 18 Jahre alt, in einer gemuetlichen Kneipe ausklingen. Leon ist wie damals Matias zu uns nach Deutschland, als Austauschschueler nach Argentinien gekommen. Seine Zeit hier ist nun auch schon fast wieder vorbei und er hat hier in Tilcara seine letzten beiden Tage ehe er auch nach Tucuman zurueck muss. Er hat sich das spanisch in muehevoller Kleinstarbeit selbst beigebracht. Matias attestiert ihm ein nahezu perfektes Spanisch. Das macht Mut. Ich habe noch Hoffnung.